Leuchtend bunte Blüten rauschen an uns vorbei, wenn wir unterwegs auf Straßen und Wegen in Schleswig-Holstein sind. Oft nehmen wir die Pflanzen am Wegesrand nicht wirklich wahr und wissen nicht, was wir da eigentlich gesehen haben.
Von Mai bis Oktober stellen wir jeden Monat eine Blütenpflanze vor, an der wir häufig vorbeifahren, deren spannende Eigenschaften wir aber nicht unbedingt kennen.
Im Oktober
Gemeine Schafgarbe (Achillea millefolium): Von Achilles entdeckt und von der Venus verzaubert
Familie: Korbblütler
Schafgarbe ist eine der ältesten bekannten Heilpflanzen. Es ranken sich unzählige Geschichten um dieses kleine, unscheinbar milchig-weiß blühende Kraut, das bei uns an jedem Straßenrand wächst und auch jetzt im Oktober noch blüht. Häufig wird Schafgarbe mit Doldenblütlern verwechselt. Wer ganz genau hinsieht, erkennt, dass die vermeintliche Blüte aus einem Blütenkörbchen mit mehreren Röhren- und Zungenblüten besteht, wie es für Korbblütler üblich ist.
Die erste Geschichte zur Schafgarbe handelt von der Entdeckung der Heilkräfte der Pflanze. Der Sage nach soll Achilles, der sich im Trojanischen Krieg an der Ferse verletzte, (seine) Wunden mit Schafgarbe behandelt haben. So kam die Schafgarbe zu ihrem lateinischen Namen Achillea.
Auch der deutsche Name Schaf-Garbe bezieht sich auf die Heilwirkungen der Pflanze. Das althochdeutsche Wort garwe bedeutet ganz grob übersetzt heilend oder gesund machend. Man hat beobachtet, dass kranke Schafe besonders viel Schafgarbe fressen, denn Schafgarbe ist ein Schaf-Gesundmacher.
Schafgarbe ist sehr ausbreitungsfreudig. Über Wurzelausläufer können die Pflanzen schnell größere Flächen besiedeln. Auf Schafweiden sehen die grünen, fein zerteilten Blätter wie ein weiches Kissen am Boden aus. Der Anblick täuscht. Die Blätter sind nicht ganz so weich wie sie aussehen. An den Spitzen der Blattzipfel befinden sich winzige Borsten, die ganz leicht pieksen, wenn man mit einem Blatt über die Wange streicht. Kinder haben sich ältere, kratzige Blätter in die Nase gesteckt, um Nasenbluten zu erzeugen und so die Schule schwänzen zu können. Daher hat die Schafgarbe den Namen Blutnase bekommen.
Zusätzlich zu den Ausläufern wird Schafgarbe über den Wind und auch über Tiere verbreitet. Schafe oder andere Tiere, die an den Blütenständen vorbeistreifen, lösen dabei eine Art Katapult-Mechanismus aus, der dafür sorgt, dass reife Samen aus den Blütenkörbchen herausgeschleudert werden.
Die Heilkräfte der Schafgarbe werden in vielen Kräuterbüchern und im Internet beschrieben. Grundsätzlich ähnelt ihre Wirkung der der Kamille, denn auch Schafgarbe enthält Azulene (ätherische Öle). Im Unterschied zur Kamille finden sich die wirksamen Substanzen aber nicht nur in den Blüten, sondern auch in Blättern und Stängeln. Eingesetzt wurde Schafgarbe als Wundkraut (daher der Name Soldatenkraut), aber auch bei Menstruationsbeschwerden, zur Entkrampfung und bei Problemen im Magen und Darmbereich. Da Schafgarbe zu Hautausschlägen führen und bei Überdosierung gegenteilige Wirkungen auslösen kann, sollte man von Selbstversuchen absehen.
Unbedenklich ist die Nutzung als Färbemittel, um Wolle gelb oder braun zu färben.
Auch im kulinarischen Bereich kommt Schafgarbe zur Anwendung: Wer die Blätter zerreibt oder an den Blüten riecht, nimmt das herb-würzige Aroma der Pflanze wahr. Sowohl Blätter als auch Blüten werden zum Würzen von Gemüsegerichten oder Salaten genutzt. Mit den Blüten lässt sich sogar Zucker aromatisieren.
Zum Schluss noch eine Geschichte aus dem Reich der Mythologie: Schafgarbe trägt auch den Namen Augenbrauen der Venus. Es hieß, wenn junge Mädchen das Kraut unter ihr Kopfkissen legten, würden sie von ihrem Zukünftigen träumen. Wer Schafgarbe anfassen kann, ohne allergisch zu reagieren, kann sie unter sein Kissen legen und sehen, welche Träume sich einstellen...
Literatur & Quellen
Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands von R. Düll & H. Kutzelnigg, ISBN 978-3-494-01616-0
Medizin der Erde von Susanne Fischer-Rizzi, ISBN 9783038005230
Heilpflanzen für die Gesundheit von A. Puhle, J. Trott-Tschepe & B. Möller, ISBN 9783440148006
Essbare Wildpflanzen von S. Fleischhauer, J. Guthmann & R. Spiegelberger, ISBN 9783038008866
Was blüht denn da? von Margot Spohn und Dietmar Aichele, ISBN 978-3-440-11490-2
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